dc.description.abstract | Diese Expertise beschreibt den Forschungsstand, d.h. insbesondere fachliche Auseinandersetzungen im Hinblick auf Handlungsempfehlungen zu Gender und Sozialraumorientierung in der Pflege. Die drei Themen Gender, Sozialraumorientierung und Pflege wurden bisher selten zusammen bearbeitet. Deshalb wird zunächst jeweils der Wissensstand zu Teilperspektiven dargestellt. Zur Teilperspektive Gender und Pflege besteht ein sehr breiter Wissensstand auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen. Er reicht von gesellschaftstheoretischen Grundlagen-Analysen über politikwissenschaftliche geschlechtersensible Wohlfahrtsforschung bis zu sich darauf beziehenden Reformkonzepten unterschiedlichster Reichweite. Die Teilperspektive Sozialraumorientierung und Pflege zeichnet sich durch einen sehr breiten Wissensstand aus, der stark von institutioneller Wissensproduktion im politischen Raum geprägt ist. Die Reformkonzepte sind teils außerordentlich stark operationalisiert und daher anknüpfungsfähig für politische Institutionen. Die Teilperspektive Gender und Sozialraumorientierung ist vergleichsweise wenig bearbeitet. Diese Perspektive ist primär durch die Disziplin Soziale Arbeit geprägt, und das Nachdenken über Geschlechteraspekte entstammt meist dem Kontext Gender Mainstreaming in der Sozialen Arbeit. Im Anschluss an die Darstellung der Teilperspektiven werden Reformvorschläge zu Pflege vorgestellt, die Gender und Sozialraumorientierung zusammendenken. Sie beziehen sich unterschiedlich stark auf die Teilperspektiven, insbesondere auf Reformvorschläge zu Sozialraumorientierung und Pflege, sowie auf die Analysen der geschlechtersensiblen Wohlfahrtsforschung. Schließlich folgt ein zusammenfassender Überblick über den Wissenstand. Dabei zeigt sich, dass in der Debatte über Sozialraumorientierung in der Pflege einige breite Übereinstimmungen und einige breit genutzte Konzepte existieren. Diese Konsense über beispielweise normative Zielkonzepte werden jedoch fraglich, sobald sie konkretisiert werden. Insbesondere hinsichtlich der Gleichstellungswirkungen erweisen sich viele Konzepte zu Sozialraumorientierung und Pflege als unterkonturiert. Sie sind in dieser Hinsicht jedoch nicht neutral, insbesondere, wenn sie einen starken Bezug auf die informelle Pflege aufweisen. Als grobe Strukturierung lassen sich zwei Pole ausmachen: einerseits sozialraumorientierte Reformvorschläge zu Pflege, die ohne Explikation der Geschlechterebene auskommen und als Ziel eine Stärkung des informellen Engagements anstreben. Andererseits geschlechtersensible Reformvorschläge zu Pflege, die Sozialraumorientierung insbesondere im Sinne einer bedarfsgerechten Pflegeinfrastruktur füllen. Diese geschlechtersensiblen Reformvorschläge streben eine Stärkung des professionellen Pflegesystems an und verbinden damit auch die Unterstützung der informell Pflegenden. Zudem setzen sie sich dafür ein, dass die Übernahme von informeller Pflegeverantwortung ohne negative Folgen im Lebensverlauf bleibt und für alle möglich ist. Aufgrund dieser Überlegungen zur Sorgearbeit und ihrer gesellschaftlichen Organisation kommen die geschlechtersensiblen Reformvorschläge teils zu Schlussfolgerungen, die deutlich über den Bereich der Pflegepolitik hinaus in andere Politikfelder hineinreichen: beispielsweise eine Veränderung des „Normalarbeitsverhältnisses“, orientiert am earnercarer-model. Bezogen auf die Stärkung des Pflegesystems insgesamt wird dafür plädiert, die Sozialraumorientierung in dem Sinne ernst zu nehmen, dass eine (professionelle) Pflegeinfrastruktur aus flächendeckenden Angeboten bereitgestellt werden muss, die von allen bezahlbar sind. Die Reformkonzepte verbinden damit eine entsprechende Ressourcenausstattung und eine Aufhebung der Unterfinanzierung des Pflegesystems, für die verschiedene Wege vorgeschlagen werden. | none |